Von: Eva Haidacher
Betreff: Bewegendes Referendum
Liebe Redaktion,
am Montag, dem 25. September, sind wir vom Flughafen in Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Irak-Kurdistan, in die 200 Kilometer entfernte Stadt Sulaymania unterwegs. Heute findet das Referendum für die staatliche Unabhängigkeit statt. Um acht Uhr in der Früh läuten alle Kirchenglocken und die Muezzine aller Moscheen rufen zum Gebet – ein starkes Zeichen der Einigkeit.
Mit uns im Auto sitzt Kamaran, der als kurdischer Kämpfer Jahre im Gefängnis verbracht hat und gefoltert wurde. Er deutet auf seine Narben und sagt: „Heute ist der Tag, an dem wir Recht bekommen.“ Wir fahren über staubige Straßen, für Farbe sorgen die allgegenwärtigen rot-weiß-grünen kurdischen Flaggen mit der Sonne in der Mitte.
Zwei Tage später, als das Ergebnis mit mehr als 92 Prozent Ja-Stimmen verkündet wird, gibt es kein Halten mehr: Die Leute tanzen auf den Straßen, beflaggte Autos fahren hupend im Konvoi.
Es gibt ein gefährliches Ritual: Um ihre Freude auch mit dem Geräusch quietschender Bremsen auszudrücken, fahren sie rasch an und bremsen abrupt.
Eigentlich wollten mein Mann und ich zehn Tage bleiben. Weil die irakische Regierung als Sanktion für die Abhaltung des Referendums alle internationalen Flüge sperrt, müssen wir Kurdistan jedoch vorzeitig verlassen – aber wir kommen ganz sicher wieder: Voller Neugier, welches Land wir dann vorfinden werden. Herzliche Grüße aus diesem bewegten Gebiet,
Eva
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